Bei der Abreise kribbelt eine große Euphorie in mir. Gern schaue ich mir die Länder, Städte und Orte an. Aber niemals fällt es wirklich schwer sie wieder zu verlassen. Kein Ort war bisher schöner als der Zauber des Unbekannten und Kommenden.

Relativ schnell finden wir eine Tankstelle, welche diesmal sogar Superbenzin verkauft. Manchmal hat man Glück, manchmal nicht. Im zweiten Fall tanken wir halt das andere Zeug, welches so zwischen 75 und 85 Oktan enthält, und in verschiedenen Farben an den Mann bzw. das Fahrzeug gebracht wird. Vermutlich ist die Farbenvielfalt des Kraftstoffs der letzten Länder auch der Grund, dass unsere ehemals strahlendweiß durchgefärbten Kunststofftanks mittlerweile eine eher nikotinartige Färbung angenommen haben. Meiner übrigens mehr noch als Reuschis, warum auch immer.

Nach einer Einkaufsrunde: Wasser, Gemüse, Brot und Yoghurt – und das Gemüse gab es sogar geschenkt – starten wir dann endgültig. Wir wollen nur eine kurze Strecke fahren, uns am späten Mittag einen Zeltplatz suchen und im hellen und in Ruhe einige überfällige Wartungen und kleinere Reparaturen erledigen. Aber wie so häufig kommt es anders als gedacht.

Bereits seit dem frühen Mittag fahren wir stets zwischen zwei- und dreitausend Meter Höhe durch das Zagrosgebirge, und als wir es am späten Nachmittag endlich verlassen, reiht sich ein Dorf ans nächste. Die meisten Menschen sind sehr freundlich im Iran, daher kommt man vor lauter „Hallo, wie geht’s?“, „Wo kommt ihr her?“ Und „wie gefällt euch der Iran/die Stadt/…?“ kaum zum Arbeiten oder auch nur dazu, seinen Gedanken nachzuhängen. Da gibt es nur zwei Lösungen: Heimlich einen einsamen Platz finden oder einen, den wir bezahlen dürfen und damit der großen Gastfreundschaft ein Schnippchen schlagen.

In der Dämmerung sehen wir dann in Persepolis einen Ferienhüttenpark, in dem wir für kleines Geld unser Zelt aufstellen dürfen. Und da wir sogar die WCs und die Personaldusche im Restaurant nutzen dürfen, bleiben wir am Ende gleich drei Nächte dort.

Wir puzzeln an den Mopeds (schnell erledigt), schauen uns die Ruinen von Persepolis an (nun ja, die Griechen täten nicht mal eine Augenbraue heben), lesen (Urlaub ist schließlich Urlaub), kochen lustige Gemüsegerichte (das Angebot verlangt nach Kreativität) und wehren immer wieder unsere Gastgeber ab, die uns voller Sorge um unsere Gesundheit schließlich sogar kostenlos ein Zimmer geben wollen. Aber das Zelt hält dem allgegenwärtigen Regen gut Stand, auch wenn es nachts tatsächlich recht kalt ist.

Es sind nicht die großen Erlebnisse, die die Reise spannend machen. Längst widmen wir vielen Sehenswürdigkeiten nur noch einen kurzen Blick, die kleinen aber ständigen Herausforderungen halten die Reise wunderbar lebendig. So stellen wir beim Frühstück fest, dass der Yoghurt, den wir über das Müsli kippen wollten, gesalzen und gepfeffert ist. Regelmäßig kommt es anders als gedacht, eine kleine Herausforderung folgt auf die nächste und immer wieder macht man etwas zum ersten Mal. Das ist zwar manchmal anstrengend, meist aber sehr erfrischend. Und grade deshalb erwischen wir uns immer wieder, wie wir bekanntes suchen. Auf der Reise habe ich mehr Cokedosen getrunken als in den letzten zehn Jahren zusammen. Aber es ist so herrlich einfach, zur roten Dose zu greifen und so der Überraschung der Glibberstückchen im vermeintlichen Icetea zu entgehen. Im Iran werden übrigens häufig noch Getränkedosen mit Ringpull als Lasche verkauft. Erinnert ihr euch noch? Ein Ring, groß genug um den Finger durchzustecken, mit einer kleinen Zunge in Tortenstückform dran, hört ihr noch das laute Zischen beim Öffnen?  Und überall liegen die Biester auf dem Boden. Den Anblick hatte ich schon fast vergessen.