Dank der Feiertage besucht uns Lea in Dublin. Hierzulande wird der Maifeiertag, weil der Kalender ja nun mal Sonntag anzeigt, am Montag gleich noch nachgeholt. Welch wunderbare, nachahmenswerte Sitte! Die Dubliner nutzen die freien Tage ausgiebig zum Feiern, die Pubs sind stets voller Menschen und auch auf den Straßen ist die Stimmung ausgelassen. Der Anteil der Betrunkenen scheint mir relativ hoch. Man kann nicht anders, als Hochachtung vor einem Volk zu empfinden, deren Menschen sich dermaßen die Lampen ausschießen können und die dann liebevoll von den übrigen an den Straßenrand geschoben werden, damit ihnen nichts passiert.
Lea und Henning teilen ihre Vorliebe für Fotografie und für das Musizieren. Wobei die Musik gar nicht so leicht auf einen Nenner zu bringen ist. Auch wenn Lea außer Schlager und Metal keine Einschränkungen vorgibt, kennen die beiden überraschend wenig gemeinsame Songs. Zwanzig Jahre Altersunterschied lassen sich nicht einfach unter den Plattenschrank kehren. Aber für ein paar fröhliche Stunden braucht man ja keine hundert Songs. Wie ihr euch vielleicht vorstellen könnt, ist mein Beitrag zum Thema Musik ausschließlich passiver Natur. Aber, ich komme jetzt nicht nur in den Pubs, sondern auch Zuhause häufiger in den Genuss von zweistimmiger Livemusik. Das gleiche gilt natürlich für unsere Nachbarn.
Tagsüber erkunden wir die Stadt, ich als Entenmutter vorweg, nützliche Fakten über unsere Besichtigungsziele zusammentragend und schnatternd, und die beiden mit Fotoaparaten bewaffnet artig nickend achteran. Wir haben wirklich viel Spaß zu dritt. In einen Tattoostudio geben wir uns als Familie aus, was uns auch prompt abgenommen wird. Bestimmt wegen der Familienähnlichkeit…
Eines schönen Abends landen wir eher zufällig auf einem Konzert. Nach der Vorband hält nur der bereits entrichtete Eintrittspreis Reusch in der Halle. Der Versuch eine Coke zu erwerben scheitert, da diese am ausgesuchten Tresen gar nicht ausgeschenkt wird. Jeglicher Gedanke, nur die Vorband könnte Metal spielen, wird bei näherem Blick auf das Publikum je zerstört. Nahezu jeder Mensch – 85 % hiervon sind Männer – ist groß gewachsen, wiegt mindestens 90 Kilo, trägt langes Kopf- und Gesichtshaar und kleidet sich bevorzugt im lebensbejahenden Schwarz. Die uniformen Bandshirts weisen die Träger als Fans von Megadeath, Panterra oder Monster Magnet aus, jegliche Hoffnung auf Rocksongs kann getrost fallengelassen werden. Ich freue mich riesig.
Lea bekannte vor Kurzem, eigentlich jede Musik, mit Ausnahme von Schlager und Metal zu mögen. Nun ja, Schlager werden wir wohl heute nicht zu hören bekommen. Vier Herren, dem besseren Verständnis nachfolgend rein äußerlich beschrieben betreten die Bühne: Herr von Bödefeldt am Bass, ein rundliches Mitglied der Familie Kelly am Schlagzeug sowie Ned Stark und der Bluthund mit Gitarren in den Händen. Sie sehen aus, als machten sie bereits Musik als Irland noch britisch war und klingen erstaunlich vertraut. Corrision of Conformity. Vier Lieder später trinkt Reusch Bier und streckt die Hörnchenfaust. Na das läuft doch! Das Publikum ist begeistert. Der Mann vor mir ist übrigens trotz seidiger Haarmähne, die mir regelmäßig duftig ins Gesicht peitscht, keine Frau und ich bin froh, ihn nicht nach seiner Shampoomarke gefragt zu haben.
Ein kurzer Check daheim ergibt, dass Menschen, die in ihrer Jugend Metal hörten, als Erwachsene glücklicher sind als die Anhänger anderer Musikstile, dass Metalfans gern Alben auf dem Tonträger ‚CD‘ erwerben sowie, dass Pepper Keenan, oben als ‚Ned Stark‘ beschrieben, ebenfalls Gitarrist der Band ‚Down‘ ist, welche in den 90ern ‚Nola‘, eines meiner Lieblingsalben herausbrachte.
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