Die Reifen sind noch ein trauriger Schatten ihrer selbst. 22.000 Kilometer haben sie auf den Buckeln, oder auf dem, was von ihnen übrig ist. Aus ehemals zahlreichen einzelnen Stollen wurden wenige zusammenhängende Streifen und diese sind nun flach und rissig. Außerdem fehlt dem Hinterreifen die hübsche Rundung zu den Rändern. Er ähnelt nun einem schmalen Autoreifen. Doch selbst wenn einige der gummibereiften Casperbuden im Iran die gleiche Reifengröße hätten, würden wir hier keine Reifen kaufen wollen. Die zahlreichen Werkstätten erwecken wenig Vertrauen in die Produkte. Mit Glück bieten die VAE ja etwas Brauchbares an.
Und so bringt die Fahrt nicht den großen Spaß, die sie bringen könnte. Tatsächlich ist sie auch landschaftlich nicht so reizvoll oder uns fehlt heute einfach das Auge dafür. Umso mehr freuen wir uns über unser Hotel in Lar. Das erste, dass wir sahen, wirkte von außen furchterregend (Anmerkung des Korrekturlesers: Das war ja auch geschlossen…). Zwei Männer auf einen Moped zeigten uns dann aber lachend ein anderes Hotel, in dem wir für kleine Taler bleiben können. Tolles Bett, brauchbares Bad, Balkon zum Kochen und WiFi! Die Mopeds dürfen direkt neben der Tür stehen und werden gut bewacht. Außerdem werden sie fotografiert. Allmählich müssten sie schon ganz blass vom Blitzlichtgewitter sein, denke ich am nächsten Morgen beim Blick aus dem Fenster.
Die heutige Strecke ist kurvig, kahle Berge wechseln sich mit flachen Plateaus. Im Iran werden die Straßenschilder, die auf Steigung oder Gefälle hinweisen, von rechts nach links gelesen. Jedenfalls meistens. Und vermutlich, weil es nicht komplett einheitlich gehandhabt wird, werden diese mit einem winzigen richtungsanweisendem Pfeil übersetzt. Welch hübsche Idee.
Wir durchfahren kleinere Überspülungen, irgendwann sehen wir Sand, die ersten Kamele und plötzlich sogar das Meer. Und egal was vorher war, auf einmal sind wir mit allem versöhnt.
In Bandar Lengeh ziehen wir ins einzige Hotel am Ort, ein altehrwürdiges Haus, das vor langen Jahren schon den Anschluss an die Gegenwart verpasst hat. Daher wird auch gerade renoviert und das Wasser ist abgestellt. Ach ja, Internet gibt es natürlich auch nicht, neumodisches Teufelszeug!
Aber es liegt direkt am Meer und hat recht robuste und sehr schmucke Bänke und Tische an der, hm, naja, nennen wir es trotzdem Promenade, an der wir den Abend ausklingen lassen. Eine scheue Mietzie besucht uns, lehnt unser Abendessen aber als ungenießbar ab. Vermutlich angelt sie bei Ebbe in den Prielen.
Am nächsten Morgen erfahren wir am Hafen leider, dass die hiesige Fähre keine Fahrzeuge mitnimmt. Kurz überlegen sie noch, ob sie die Mopeds nicht mit einem Kran aufladen können, dann verweisen sie uns doch nach Bandar Abbas. Dort werden noch heute Abend und in zwei Tagen die nächste Fähre entlang der Straße von Hormus über den Golf fahren.
Und so verlassen wir Bandar Lengeh am Mittag, mit der leisen Hoffnung vielleicht noch am Abend auf die Fähre zu dürfen. Ein frommer, jedoch völlig lächerlicher Wunsch, wie wir schnell lernen. Morgen früh um neun dürfen wir mit einem Stapel Bargeld wiederkommen, und dann warten wir bis zum späten Mittag. Drei Herren sabbeln, trinken Tee, empfangen eine Vertreterin für Schreibblöcke, sabbeln wieder, trinken Tee und drucken uns dann endlich die Tickets aus. Ein letztes mal füllen wir den Anmeldebogen des Hotels – im Namen Gottes – mit unseren Daten, meine natürlich nur auf der Rückseite. Ich gebe zu, manches mal war ich hierüber so verärgert, dass ich meine Daten auf der Vorderseite und Hennings Daten – als die meiner Ehefrau – auf der Rückseite eintrug.
Am nächsten Morgen ab acht Uhr geht’s dann ans Verzollen. Wir laufen von Pontius zu Pilatus und zwischendurch immer wieder zum Kopierservice. Auf der Odyssee treffen wir dann auch einige andere europäische Reisende mit Fahrzeugen und berichten über unsere jeweiligen Fortschritte. So weiß man immer grob was noch zu passieren hat. Irgendwie haben wir den seltsam undurchsichtigen Prozess dann aber wohl doch nicht komplett abgeschlossen, jedenfalls bekommen wir am Abend keine Bordkarten. Vielleicht stieß auch nur unsere strikte Weigerung einen Agenten zu beauftragen auf Unwillen, jedenfalls laufen wir mit einem erst verärgerten und dann doch freundlichem Herrn durch dunkle und verlassene Büros und gegen Zahlung von 50$ – ohne Quittung – kommen wir dann doch noch samt Mopeds aufs Schiff. Löppt doch!
Die europäische Damenwelt einschließlich meiner selbst fiebert der Abfahrt entgegen, denn in den Emiraten dürfen wir wieder barhäuptig gehen. Vielleicht werde ich mir ganz verrückt auf dem Damen WC das Haar kämmen!
na, wenn wir das so sehen (und lesen) – irgendwie hatten wir, nachdem wir uns beim Olivenhain trennten, den Gedanken gehabt, dass wir, statt zu Weihnachten und Silvester nach Georgien doch lieber mit euch in den Oman gefahren wären. Wat fürn Glück, dass wir bei unserem Plan geblieben waren.
Brigitte hatte, nachdem wir die iranische Grenzabfertigung durch hatten, auf dem Weg zur armenischen als erstes das Kopftuch in die Ecke gepfeffert.
Jetzt sind wir in Kachetien, dem georgischen Weingebiet, östlich von Tiflis. Das Bier hat schon geschmeckt, im Moment schmeckt der georgische Rotwein – wie schön, dass wir nicht mit in den Oman gekommen sind.
Euch weiter eine schöne Reise – und denkt daran: im Dezember 2016 werden wir gemeinsam auf dem Hamburger Weihnachtsmarkt den einen oder anderen Glüchjwein verhaften – übrigen: in Tilflis hatten wir vor 3 Tagen auch schon den ersten Glühwein in dieser Saison.
Viele Grüße
Brigitte und Peter mit Hundi Oskar und dem Donnerlaster(.de)
Moin Peter, genau so machen wir das! Verstehe Brigitte gut, das Kopftuch fehlt mir auch nicht 😉 auf Bier haben wir übrigens noch lange gewartet. Das erste Emirat, dass wir besuchten war ausgerechnet alkoholfrei…
LG Albi