Aşgabat ist anders als alles, dass ich bisher gesehen habe. Die Stadt war in früheren Zeiten eine Kreuzung mehrerer Karawanenwege, heute sieht man hiervon – vermutlich nicht zuletzt aufgrund regelmäßiger Erdbeben – jedoch nichts mehr.
Alles, aber wirklich alles ist hier weiß. Die Gebäude, die Bushaltestellen und die Busse selbst, die Ampeln, die Brücken, Straßenlaternen und Geländer, ja selbst die Autos sind zu 99% weiß oder Silber. Prachtstraßen sind mit weißen Prunkbauten gesäumt, dutzende Parks und weiße Denkmäler für Gurbanguly Berdimuhamedow und Turkmenistan sind zu sehen. Ist die Straße einmal nicht ganz so schick, ist sie trotzdem mit gleich wirkenden historisierenden weißen Gebäuden im Sowjetstil bebaut. Vor die alten Plattenbauten werden weiße Fassaden gehängt, nur hier und da sieht man noch in dritter Reihe das frühere Gesicht.
Tatsächlich wirkt es jedoch eher wie eine Kulisse, nicht recht lebendig. Nur wenige Menschen sind in den großzügigen Parks oder flanieren auf den mit Blumenbeeten gesäumten Gehwegen. Häufig wurden anstelle von Fußgängerüberwegen Unterführungen gewählt, diese sind mit Granit und Marmor sowie Fliesenintarsien an den Wänden verkleidet. Dort unten sind auch kleinere Geschäfte untergebracht, aber auch hier sehen wir kaum Menschen. Ein Großteil der prächtigen Gebäude wirkt erstaunlich leerstehend.
Auch Satellitenschüsseln gibt es hier nicht mehr. Die Menschen können aber gern das staatliche Kabelfernsehen schauen. Gas, Wasser und Strom erhalten sie kostenfrei.
Das erste Hotel, das wir anfahren, übersteigt unser geplantes Budget leider deutlich. Die Dame ist aber so nett und ruft beim benachbarten Hotel an. 50 US $, das klingt doch super, also fahren wir hin. Jedoch kostet es dann plötzlich 75 US $ und dafür ist es ganz schön runtergekommen. Und so klappern wir erfolgfrei Hotel um Hotel ab: Das Äußere ist in Ordnung aber das Innere dreckig, andere von außen schon rott, angeblich sind keine Zimmer frei, einmal gähnt eine Dame laut und deutlich und wimmelt uns dann mit einem unangemessenen Preis ab. Und so landen wir eineinhalb Stunden später wieder am Anfang unserer Suche und ziehen in das recht schöne, jedoch eigentlich zu teure erste Haus. Nach der Odyssee fällt es direkt auf, dass wir hier willkommen sind und so ist die Welt wieder in Ordnung.
Am nächsten Tag feiert Turkmenistan seinen Unabhängigkeitstag mit einer Militärparade. Meiner ersten übrigens. Wir sehen diese jedoch nur im Fernsehen. Erstens ist sie nicht für jedermann und zweites sitzen wir noch beim leckeren Frühstück, als sie beginnt. Mit großer Ernsthaftigkeit wird hier paradiert und auch die Gäste schauen mit großer Würde den pardierenden Soldaten und rollenden Panzern zu. Gern wollen wir uns die weiteren Feierlichkeiten vor Ort anschauen und spazieren zum Entsetzen des Hotelteams los. Zu Fuß geht man hier nicht gern und mehrere Kilometer auf keinen Fall. Jeweils nach wenigen hundert Metern stehen Polizisten oder anderes Sicherheitspersonal und geben acht, dass niemand dorthin fährt, wo er nicht soll, verbotene Fotos schießt oder an Plätzen sitzt, die hierfür nicht gedacht sind. Dabei sind wir noch nicht einmal in der Nähe des Regierungsviertels. Ein sonderbares Erlebnis.
Wirklich viele Menschen sehen wir nur in einem sehr großen, walmartartigen Supermarktkaufhaus, natürlich weiß mit dezentem Schriftzug an der Fassade. Fast wären wir vorbei gelaufen, wir sind ja buntere und lautere Konsumansprache gewohnt. Im Gegensatz zum kleinen Shop in der Fußgängerunterführung müssen wir hier nicht den dreifachen Preis für einen Eistee zahlen wie die heimischen Kunden.
Wir dürfen nicht bis zum Paradeplatz gehen und machen uns nicht mehr ganz so verwundert auf den Heimweg. Gesehen haben wir ja trotzdem viel und außerdem sind wir etwas hungrig. Oliven, Schafskäse und Brot haben wir erstanden, könnte schlechter sein, oder?
Das Internet ist nur recht eingeschränkt nutzbar und bringt daher nur bedingt Freude. Also schauen wir uns die Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag im Fernsehen an. Es gibt da viele Tanzveranstaltungen in Trachten, Frauen tragen dann immer zwei sehr lange geflochtene Zöpfe und sehr roten Lippenstift. Die Zuschauer könnten motivierter aussehen, manche schlafen fast ein. Auf der Straße tragen Frauen gern figurbetonte lange Kleider in auffälligen leuchtenden Farben. Die Kleidung der Männer ähnelte der westlichen, wenn auch gedeckte Farben bevorzugt werden. Im Gegensatz zu Usbekistan oder Tadschikistan gibt es auch wieder viele übergewichtige Menschen.
Am nächsten Morgen verlassen wir pünktlich zum Visumsende Minas Tirith und fahren direkt ins hügelige Auenland. Nur ist das Gras im Auenland schon recht gelb Ende Oktober. Komet-Dag heißt das Gebirge, in dem wir zum Abschied von Turkmenistan sogar kleinere Herden mit rehartigen Steinböcken zu sehen bekommen.
Hallo in die Runde,
vorerst reicht es mir mal mit dem Umherirren. Bis März bleibe ich nun zu Hause. Im Winter macht der VW-Bus weniger Spaß. Die Tage sind kurz, Campingplätze sind meist geschlossen, und auf den wenigen geöffneten sitzen langweilige Rentner in ihren Wohnwagen. Und auf Langstreckenflüge Richtung Südhalbkugel habe ich keine Lust mehr. Nein, ich sitze den Winter hier zu Hause aus und schaue mir im Internet an, was Ihr so treibt 🙂
Grüße
Heinz
Henning ist sichtlich gealtert 😉 Oder liegt das an den Haaren, die er jetzt wieder hat? „Ruhnama“ ist doch so eine Art Maofibel für Arme, oder? Das Werk stammt vom Staatsgründer Turkmenbashi (?)……..und das habe ich NICHT gegoogelt !!
Moin Heinz, wir freuen uns immer so von dir zu lesen! Verbringst du die kühle Jahreszeit daheim oder bist du unterwegs? Denke, Henning sieht ohne Haupthaar bestimmt wieder aus wie der junge Frühling. Jedoch ziert er sich noch den Barbier zu besuchen, bis wir im warmen Süden sind.