Ankara hat etwa 5,15 Mio Einwohner. Das lässt darauf schließen, dass diesen hier einiges geboten wird. Sollte diesem tatsächlich so sein, so bleibt es uns verborgen. Die Stadt scheint erstaunlich reizlos zu sein. Bereits nach einem Tag Sightseeing sind wir durch, aber dafür sind wir ja auch nicht hier.

Uns lockt die Vielzahl an Botschaften. Die Visabeantragung über Agenturen in Deutschland stellte sich als so zeitintensiv heraus, dass wir einige Tage Vorort investieren wollen. Russland und Kasachstan lassen wir weiter über die Agentur laufen, vorerst gehen wir aber Usbekistan, Turkmenistan, Tajikistan und Iran selbst an. So der Plan.
Leider liegt uns die neue Referenznummer für die Iraner Botschaft noch nicht vor, in einer früheren Planungsphase hatten wir diese für Erzurum bestellt. Aber wir werden ja noch einige Zeit in Ankara verbringen, noch ist somit nichts unmöglich.

Hä?!? Ach ne, doch nicht…

Montagfrüh machen wir uns daher in unseren seriösesten Klamotten erst einmal auf die Suche nach einem Copyshop. Hierbei waren wir Sonntag schon erfolglos und auch der Tipp aus dem Hotel hilft nur wenig. Morgens ist es eh erschreckend ruhig hier. Der Herr Google führt uns in ein Geschäft, das Drucker und Kopierer verkauft, nicht jedoch das Endprodukt. Aber dafür kennen sie dort eines, na also! Dort angekommen landen wir in einen chaotischen Schreibwarenkrämer, der uns zweifeln lässt, ob hier überhaupt ein USB Port vorhanden sein wird. Mist. Wir werden in den Keller geschickt und staunen nicht schlecht, diese Ausstattung würde Scharlau nicht beschämen! Ich bin sehr beeindruckt! So können wir schon nach kurzer Zeit mittels GPS Koordinaten bewaffnet mit vielfachen Anträgen, Kopien von Reisepässen, Fahrzeugpapieren, TÜV Berichten, Versicherungen und Bettelbriefen auf die Suche nach der Botschaft von Usbekistan machen, denn diese hat heute die kürzesten Öffnungszeiten.

Die recherchierten Koordinaten stimmen leider nicht so ganz, daher irren wir bei warmen Temperaturen bergauf und bergab, bis wir sie endlich finden. Eigentlich sehen wir zuerst eine Menschentraube. Der erste Schrecken legt sich, die aufgebrachten Menschenmassen wollen zu den gegenüberliegenden Vereinten Nationen. Die Wartenden vor der usbekischen Botschaft sind lange nicht so zahlreich und außerdem gut gelaunt. Und in Kürze wird auch geöffnet werden. Wir warten trotzdem lange. Erst draußen vor geschlossener Hofpforte „Immer nur drei auf einmal!“, und dann nochmal drinnen am Schalter. Hier wird gedrängelt was das Zeug hält und bei jedem Antrag gibt es minutenlange Diskussionen, die Stimmung ist ziemlich angespannt. Mist, müssen die den Mann denn unbedingt so wütend machen? Wir hätten ihn lieber in gnädiger Stimmung. Überraschenderweise geht es dann bei uns recht schnell. Die Unterlagen sind vollständig und okay, in einer Woche können wir die Visa abholen. Großartig, wir freuen uns riesig.

Total motiviert finden wir die Botschaft von Turkmenistan schon nach kurzem Suchen. Hübsch ist es dort. Naja, außer der Flur für die Visaanträge, dieser ist düster behördlich, bestimmt damit man sich nicht noch willkommen fühlt. Sollte dies trotzdem der Fall sein, zerstört der Botschaftsmitarbeiter das Gefühl unverzüglich. Also unverzüglich nachdem er irgendwann mal aufgetaucht ist. Es gibt auch keine anderen Besucher außer uns. Vermutlich haben längst alle aufgegeben. Wir werden auch sofort raus gescheucht. Wir dürfen wiederkommen wenn das usbekische Visum erteilt ist. Da Usbekistan das Einreiseland und nicht das Ausreiseland ist, macht dies aus meiner laienhaften Sicht keinen Sinn, der Mann lässt sich aber auf keine Diskussion ein, wir sollen verschwinden!
Laut Herrn Google werden etwa 50% aller Anträge für Turkmenistan abgewiesen, Begründungen gibt es meist nicht. Nach unserer Erfahrung glaube ich dies gern. Also auf nach Tajikistan. Äh, also zur Botschaft von Tajikistan. Diese öffnet zwar erst wieder in zwei Stunden aber wir haben ja eh nix zu tun.

Die Stimmung in den Botschaften ist oft leicht angespannt. Also defensiv verhalten und lieber keine schlafenden Hunde wecken…

Auch hier suchen wir nicht allzu lang. Am Haupteingang werden wir an einen Seiteneingang verwiesen, den wir neben der Pracht erstmal übersehen. Kaputte Stufen sowie die Generationen von Unkraut, Schutt und Müll passen so gar nicht zum Rest. Beim Herabklettern schrecken wir eine Schlange auf. Sie flitzt so schnell über die Stufen, dass ihr Überraschen wohl noch größer als unseres sein muss! Der Warteflur ist bekannt uneinladend, aber immerhin gibt es zwei Stühle. Also lesen wir erstmal ein Stündchen allein vor uns hin. Zwei weitere Bittsteller kommen und warten mit uns. Als der Botschaftsmitarbeiter irgendwann den Schalter besetzt, stürmen sie diesen und schieben unsere Pässe kurzerhand beiseite. Jaja, wir sind hier nicht in England, haben wir schon verstanden. Macht man, wir warten gern noch, bis ihr durch seid. .. Nach langen Diskussionen zockeln beide unverrichteter Dinge von dannen. Dann sind wir dran zu erklären: „Warum stellen Sie den Antrag hier und nicht in Deutschland?“ „Warum haben Sie kein Visum für die Türkei?“ „Wie lange dürfen Sie hier bleiben?“ „Wie sieht Ihre Route aus?“ „Wo waren Sie überhaupt schon?“ Der strenge Ton lässt meine Hoffnungen sinken. Dann bekommen wir neue Anträge und weißes Papier für einen handgeschriebenen Bettelbrief. Und unverhofft danach erhalten wir tatsächlich noch die Aufforderung 108 US$ bei einer nahe gelegenen Bank einzuzahlen. Juhu!

Seitenstraße in einem Wohngebiet nahe dem Stadtzentrum Ankaras.

Der Besuch einer Bank ist in der Türkei anders als in Deutschland, ich beschreibe es euch kurz: An der Tür steht ein gelangweilter Wachmann, natürlich mit Schusswaffe. Vielleicht ist es auch eine Attrappe geschnitzt aus einem Stück Seife, keine Ahnung. An einem Nummernautomat steht ein weiterer Mann, der bei der Bedienung des gleichen hilft. Je nach gewünschter Dienstleistung müssen über Zahlenkombinationen unterschiedliche Nummern gezogen werden. Würden wir allein keinesfalls hinkriegen. Dann gibt es den Wartebereich mit Anzeigetafel und den Rest kennt ihr. Schalterhalle, Beratungsecken, und Minibüros.
Wie eigentlich überall in der Türkei gibt es eine Vielzahl an Mitarbeitern. Wir waren schon an Tankstellen, an denen sich doppelt soviele Mitarbeiter tummelten wie Zapfsäulen vorhanden waren.
Mit der Einzahlungsquittung bewaffnet traben wir zurück zur Botschaft. Dort erfahren wir, dass wir zweimal 108 US$ hätten einzahlen sollen. Hm, dann halt nochmal los. Kurze Zeit später entscheidet sich der Mann nochmal um. „Lasst mal, das reicht schon, kommt morgen ab 16:00 Uhr wieder, dann bekommt ihr die Visa.“ Und tatsächlich halten wir am nächsten Abend voller Stolz die ersten Visa in unseren Reisepässen in Händen.